Will man den Tag in einen
Satz fassen, so könnte der lauten "Der Lipper schraubt (mal wieder),
Markus und Tine fliegen schneller als ihr Gepäck (von FFM nach Lissabon)
und Tom, Jonna, Uli und Miriam
fahren mit dem Vorort-Zug nach Lissabon .... und sind so begeistert,
daß sie den Lipper auf dem Schiff "versauern" lassen.. :o)".
Nun, mal wieder ist die Story bei uns komplexer als nur in einem Satz zu
fassen.....Los gehts:
Ein Teil der Crew muß unbedingt richtigstellen, daß versauern für dies
"Alleine lassen" vielleicht das falsche Wort ist. Die "Fantastischen
Vier" (Reise-und Kulturabteilung der Julia) waren so von der Liebesbeziehung zwischen dem Lipper und seiner inzwischen
wieder immaculate´n (z. Dt. "unbefleckten",
"makellosen") Julia überzeugt, daß sie nicht damit rechneten, die
beiden heute noch trennen zu können.
Aber der Reihe nach. Für den
Lipper gab es wieder einen
Tag mit Schrauben, Putzen, Reparieren. Böse Zungen behaupten ja inzwischen,
daß er nur mitsegelt, weil auch eine Werkzeugkiste an Bord ist. Aber er
bestreitet das vehement - auch wenn er jeden Morgen den Abdruck eines 18er
Schlüssels auf der Wange hat.... Im Ernst, er hatte am Vortag ganz Cascais
verrückt gemacht, auf der Suche nach geeigneter Unterstützung lokaler
GFK-Spezialisten und Reinigungsmatadore inkl. deren Motivationsversuche,
damit am Samstag doch noch gearbeitet werden konnte - und zwar an der
"Julia". Das Ergebnis verschiedener Hafenrecherchen (inkl. in deren
schummerigen Kneipen) war eine starke Mannschaft, die mit ihm das Boot von
oben bis unten putzten und schrubbten. Und zwar und so richtig von oben bis
unten: Unsere Bordwand sieht
wieder weiß aus und die Kratzer sieht man nur noch noch, wenn man vorher
wußte,
daß sie da sind. Das Deck wurde geschrubbt und gereinigt, daß man sich drin rasieren
konnte. Selbst die Rostflecken, die die uralten Gasflaschen
hinterlassen haben, sind verschwunden. Leider ließen sich aber die
achterliche BB-Klampe
und das vordere WC nicht fixen. Im Gegenteil, jetzt geht auch noch der
Abfluß für das Waschbecken kaputt. So ein Mist. Aber egal. Auch damit
werden wir Leben können (müssen).
Währenddessen war aber auch die Ausflugsmannschaft nicht faul - hier der
dramaturgisierte Bericht über die Reiseaktivitäten in "Lisboa" :
In Lissabon ging es
stundenlang zu Fuß durch das Bairro Alto zum Cafe A Brasiliera (siehe Bild), wo arrogant
faule Kellner die Vier zunächst verdursten ließen, zum Elevadore von dem
man an einem wolkenlos sonnigen Tage wie heute eine fantastische Aussicht
über die Stadt und den Tejo hat, am Rossio vorbei durch die Unterstadt
"Baixa" um nach längerer Suche und Warten endlich in die
antiquitierte Straßenbahnlinie 28 zu steigen die das Quartett zum Sundowner
Castello Sao Jorge oberhalb der Alfama, dem ältesten und
verfallensten Stadtteil dieser wunderbaren Stadt bringen sollte. Noch einmal
eine Stunde Aussicht genießen und dann meldeten sich auch schon wieder die
gierigen Touristenmägen so unüberhörbar, daß es unverantwortlich gewesen
wäre, ungegessen in eines der schmachtenden Fadolokale der Alfama
einzufallen.
Doch hat die Alfama nicht nur Fado sondern auch wunderschöne
Hinterhoflokale zu bieten, wo wir uns die verlorenen Kalorien in Form
leckeren Fisches zurückholen konnten. So gestärkt fanden wir dann noch ein äußerst uriges und authentisches
kleines Lokal in dem der Wein in vier verschiedenen Senfgläsern serviert wurde
und die alternden Schönheiten des Viertels in Begleitung zweier Gitarren
die melancholischen Hits ihrer längst verblühten Jugend sangen. Wunderbar!
- ...bis zu dem Augenblick als wir feststellen mußten, daß auch alternde
portugiesischen Grazien nicht frei von Stutenbissigkeit sind und sich ein
hitziger Streit zwischen der Sängerin und der zeitgleich in der Küche
geschirrklappernden (und somit den Gesang störenden) Wirtin
entwickelte. Leben pur, und gleichzeitig ein guter Zeitpunkt die Heimreise
zum Boot nach Cascais anzutreten.
Während sich also ein Teil
der Crew in Lissabon vergnügte und der Lipper schraubte (und dabei das
Äquivalent zum Fahr- bzw. Kochbier vertilgte), spielten sich nicht unweit
Tragödien ab. Wie bei jeder guten Tragödie, begann alles ganz harmlos:
... das Rauschen der Motoren,
Öl auf dem Asphalt der Landebahn, majestätisch schwebt der Airbus A300-600
der Deutschen Lufthansa auf Landebahn Null-Drei ein. Auf der Gangway: nein,
nicht der Schah von Persien, aber mit ähnlich viel Gepäck: Tine und
Markus. Vorfreude auf eine Dusche, frische Kleidung und einen ersten
Willkommenstrunk im Kreis der Lieben läßt sie zum Gepäckband schreiten
(erfahrene Vielflieger wissen bereits, wohin das Blatt der Geschichte sich
wendet). Warten, warten, warten... dann einige zerfetzte Taschen, die bei
näherer Inspektion nicht den beiden gehören (Tine hatte noch nie einen
MonChiChi-Affen als Maskottchen an der Reisetasche), langsam Unruhe unter
den Wartenden, und plötzlich stoppt das Band. Die Dame von der Lufthansa
hat beider Namen auf ihrer Liste (natürlich wußten sie dort schon längst,
daß das Gepäck erst mit der nächsten Maschine kommt, kurz vor Mitternacht
!) und verweist auf den Lost-And-Found-Schalter. Stunden später (Details
der Prozedur wollen wir den Lesern ersparen) und mit dem festen Entschluß,
daß irgend jemand dafür büßen muß, machten sich die Gepäcklosen mit
dem Taxi auf nach Cascais, aktueller Hafen der Julia.
Und endlich die ersten
Streicheleinheiten für geplagte Augen, viel Frühlingsblüte, bezaubernde
Häuschen, Schlößchen, Anwesen, immer wieder Blicke auf das azurblaue Meer
(der Autor muß hier zugegeben, daß er keine Ahnung von Herkunft und
Bedeutung des Wörtchens "azur" hat; um Aufklärung via Gästebuch
wird gebeten) und bald das Ortsschild von Cascais. Unsere Augen (ich muß
jetzt auf die erste Person wechseln, damit wird es leichter für mich)
hatten wir aber nicht nur für die Schönheiten von Natur und Architektur
reserviert, sondern auch für die Infrastruktur-Sehnsüchte von Menschen
ohne Gepäck ("...schau! ein Einkaufszentrum..."; "... hier!
ein Supermarkt..." ).
Was soll's, erst mal zur
Julia, die Crew wartet doch schon auf uns. Dachten wir... in Wirklichkeit
war Fabian in München (hast Du ihn auch gut bekocht, Danny?), Lipper beim
Einkaufen (vier Paletten Bier und ein paar Dosen Tomatenmark als Alibi sahen
wir bei der Anlieferung) und der Rest beim Sightseeing in Lissabon. Da hielt
es uns auch nicht mehr, wir machten uns zu Fuß auf in die Innenstadt, um
die Lufthansa bluten zu lassen und die notwendigsten Utensilien für eine
erste Nacht an Bord zu erstehen.
Anschließend mit Lipper,
Bier und Wein in einem erstklassigen Restaurant (zu blöd, daß die Küche
schon zu hatte, als wir beim Öffnen der Weinflasche nach der Speisekarte
fragten; ihre ofenwarmen Cashewnüsse waren zwar ein Hit, aber nicht
sättigend) und weiteren Bars des Hafenviertels (in der vierten Bar gab es
dann doch noch fantastische Hamburger) trafen wir die aus Lissabon
zurückgekehrten Seebären auf Deck wieder und waren, bis auf Fabian und den
noch ausstehenden Sonntagsankömmlingen Natalie und Luke, wieder eine große
Crew. Und schliefen müde, selig und von unserem Gepäck träumend in
unseren Kojen ein.
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