Mittwoch, 01.05.2002 - Willkommen in Horta und der Atlantik im ersten Rückblick


Kurs

95°, danach nach Sicht

Position

N  38° 32'

Geschwindigkeit

Ø 6kn

W 28° 38'

Etmal

   54sm

 

Distanz

Gesamt

3640sm

Wetter

23°
1035hPa
1 Bft SE
sonnig

unter Segeln

3166sm

unter Motor

  474sm 


Wir sind über den Atlantik - naja, zumindest zum größten Teil. Nach nur 14 Tagen und 1910sm (dies entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkit von 5,4 kn) haben wir heute morgen um 10h30 Ortszeit unsere Leinen am Begrüßungspier der Marina Horta festgemacht und unsere für teures Geld in Bermuda gekaufte Flasche Schampus geköpft. Eigentlich war die Ankunft es schon fast unspektakulär, wachte der Großteil der Crew doch morgens auf und plötzlich war da diese Insel an Backbord - Faial. Und dann doch kurz ums Kap gedieselt und schon standen wir vor Horta - dem Mekka der Atlantiksegler.  

Im Hafen lief dann nach unserem Begrüßungsschampus alles ganz geruhsam, denn die Azorianer befinden sich noch im Winterschlaf. Die "bewohnten" Yachten im Hafen lassen sich an zwei Händen abzählen und die Behörden (aufgrund einer Baustelle praktischerweise alle direkt nebeneinander im Containerdorf) freuten sich schon fast über etwas Abwechslung vom Zeitunglesen. Danach ging die Crew gleich geschlossen in Peter´s Cafe Sport, DEM Treff für Atlantiksegler in diesen Breiten seit drei Generationen - der Laden ist einfach unglaublich, zieren die Wände und Decken doch Wimpel, Fahnen, Shirts und andere Andenken von unzähligen Seglern. Und ob der Preise wollten wir schon gar nicht mehr gehen, gab es doch das günstigste Sandwich für 0,70€ (!!), das Steak-Sandwich mit Fritten für 3€ und Steak mit Gemüse und Pommes für 6,5€. Nach unseren Preisschocks auf den BVI und Bermuda ist Horta eine Offenbarung.

Ansonsten lief heute nicht mehr viel, abgesehen vom (Warm-)Duschen und Deckwaschen, denn die Crew war nach den unzähligen Drinks schon um 15h00 im Chillout-Modus. Aber wir haben ja noch drei Tage, die Insel zu erkunden, bevor Tom und Sanni eintreffen und es auf nach Spanien geht.

Stay tunded..... (Sobald wir einen Weg gefunden haben, die Bilder von Digicam zu downloaden, gibt es auch neue Bilder... :o)

Jetzt, wo wir das Gröbste hinter uns haben, hier ein paar Gedanken von Uli zum Thema "Der Atlantik im ersten Rückblick": Nach inzwischen über drei Wochen Atlantiksegelns ist es an der Zeit, unsere Erfahrungen mit einem der drei Weltmeere zusammenzufassen. Doch wo fängt man an, wo hört man auf? Am besten bei den Erwartungen: Wind bis 12 Bft, bis zu 16 m hohe Wellen und das drei Wochen lang. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.

Ja, insgesamt haben wir wohl eine Woche Starkwind gehabt (7-8 Bft, in Böen entsprechend mehr), aber die Wellen haben die Höhe von 5-6 Metern nicht überschritten. Das eigentlich unerwartete war nicht die maximal heftigste Ausprägung dessen, was Wetter und Welle ausmacht, sondern die Bandbreite, in der sich die für uns entscheidenden Umweltbedingungen abspielen.

Vom eben beschriebenen Starkwind mit sintflutartigem Regen und Sicht bis zum Mast bis hin zur Ententeichatmosphäre (0-1 Bft, keine Welle, keine Wolken) ist alles drin. Wetterkunde lässt sich wohl nirgendwo so anschaulich betreiben, wie hier. Zieht eine Warmfront durch, ist es tatsächlich warm. Folgt dann im Tief die Kaltfront, ist es an der Zeit Fleecejacke und Ölzeug rauszuholen. Stürmt es, ist man entweder im Tief oder an der Grenze zu einem Hoch. Momentan stecken wir in einem fetten Hochdruckgebiet (das legendäre Azoren-Hoch, welches das Wetter in Europa beeinflußt). Entsprechend windstill ist es.

Womit wir auch schon bei der nächsten Erfahrung wären. Was ist unangenehmer, Starkwind oder Flaute? Die Flaute, da bei Starkwind das Schiff in Fahrt ist und es gilt: Geschwindigkeit stabilisiert. Bei Flaute hingegen eiert man durchs Wasser, kommt nicht recht voran, die Segel und die Schoten schlagen. Nachts kann dabei kein Mensch schlafen und als Wachhabender ist man nahe am ausflippen. Auch das Starten des Motors trägt nicht wirklich zur Nachtruhe bei...

Das eigentliche Problem auf Leg 2 waren weder ein grausamer Kapitän, nicht Skorbut und Seekrankheit, sondern die Nässe. Nach einem ordentlichen Regen (natürlich nachts!) ist selbst das hochwertigste Ölzeug feucht. Hände und Füße brauchen ca. eine halbe Stunde um sich wieder aufzuwärmen, nachdem man sich in den hoffentlich noch trockenen Schlafsack zurückgezogen hat. Salzwassergetränkte Klamotten bekommt man eh kaum trocken und so ist dann die Freude auch groß, um 4 Uhr in nassen Klamotten die nächste Wache anzutreten. Aber wie sagt der Skipper: "Da mut du nu durch"  Recht hat er und man erinnert sich an den alten Udo Jürgens Klassiker, in dem es heißt "Und immer, immer wieder geht die Sonne auf"

In diesem Sinne, go for it.